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ESMA-Leitlinien zu (ESG-)Fondsnamen – Neue BaFin-Verwaltungspraxis: Hintergrund, Inhalt, praktische Auswirkungen

Von am Juli 26, 2024
Veröffentlicht in BaFin, ELTIF, ESG, Nachhaltigkeit

Mit Meldung vom 25. Juli 2024 hat die BaFin mitgeteilt, dass sie die Leitlinien für Fondsnamen der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) in Ihrer Verwaltungspraxis berücksichtigen wird. Diese werden die bisherige BaFin-Verwaltungspraxis zu nachhaltigen Investmentvermögen vollständig ablösen. Nachfolgend geben wir Ihnen daher einen Überblick über den Hintergrund, die Inhalte und die praktischen Konsequenzen der Leitlinien für Fondsnamen und der neuen Verwaltungspraxis der BaFin.

1. Hintergrund

Unter dem 14. Mai 2024 hat die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) ihren finalen Report zu Investmentfonds, welche in ihrem Namen Begriffe wie „Umwelt (Environment)“, „Soziales (Social)“, „gute Unternehmensführung (Governance)“ oder andere nachhaltigkeitsbezogene Begriffe verwenden, veröffentlicht. Hintergrund war die in den letzten Jahren erheblich gestiegene Nachfrage nach „nachhaltigen“ Investmentfonds und die damit einhergehende Befürchtung von Grünwäscherei (Greenwashing), welche insbesondere dann drohen könne, falls Fonds ESG-Bezeichnungen im Namen enthalten, deren Anlagestrategie dies nicht rechtfertigen. Bereits im Oktober 2022 hatte die ESMA hierzu eine entsprechende Konsultation veröffentlicht, welche im Februar 2023 abgeschlossen war. Zudem enthalten die Neufassungen der AIFM- und OGAW-Richtlinien einen Auftrag an die ESMA, Leitlinien zu erlassen, wann Fondsnamen unklar, unfair oder irreführend sind.

Die BaFin hat nunmehr mit Meldung vom 25. Juli 2024 mitgeteilt, dass sie die Leitlinien für Fondsnamen der ESMA in Ihrer Verwaltungspraxis berücksichtigen wird. Diese werden die bisherige BaFin-Verwaltungspraxis zu nachhaltigen Investmentvermögen vollständig ablösen. Bereits vor zwei Jahren hatte die BaFin eine Verwaltungspraxis zur Nutzung von Nachhaltigkeitsbegriffen im Namen von deutschen Publikumsfonds festgelegt. Die ESMA-Leitlinien richten sich nun an alle in der EU regulierten bzw. vertriebenen Fonds, also auch an Spezialfonds, die nur von professionellen Anlegern erworben werden können.

2. Inhalt

Kapitalverwaltungsgesellschaften müssen sicherstellen, dass die Informationen zu ihren Produkten korrekt, redlich und klar sind und keine irreführende oder verwirrende Botschaft vermitteln, die die Anleger fälschlicherweise beeinflussen würde. Die ESMA-Leitlinien unterscheiden daher zunächst drei Begriffsgruppen:

  • Transition-, sozial- oder Governance-verwandte Begriffe,
  • Umwelt- oder Impact-verwandte Begriffe,
  • Nachhaltigkeits-verwandte Begriffe.

Alle Investmentfonds, welche die vorstehenden Begriffe in ihren Bezeichnungen führen (zB „impact“, „nachhaltig“, „green“, „ESG“, „social equality“, „net-zero“, etc.) müssen mindestens zu 80% des Fondsvermögens in Übereinstimmung mit den verbindlichen nachhaltigen Elementen der Anlagestrategie bzw. den namensgebenden Merkmalen investiert werden.

Zudem müssen – je nach Begrifflichkeit im Fondsnamen – bestimmte Mindestausschlüsse nach der sog. „Climate Transition Benchmark“ (CTB) oder nach der sog. „Paris Aligned Benchmark“ (PAB) eingehalten werden. Bei Impact-, Nachhaltigkeits- oder transitionsbezogenen Fonds(-namen) muss schließlich eine messbare ökologische oder soziale Wirkung („Impact“), eine nachhaltige Investition iSd Art. 2 (17) der Offenlegungsverordnung („Nachhaltigkeit“), oder ein messbarer Pfad zu ökologischem oder sozialem Übergang („Transition“) vorhanden sein.

3. Praktische Auswirkungen / Handlungsbedarf

Die ESMA-Leitlinien sind nach ihrem Wortlaut drei Monate nach ihrer Veröffentlichung im EU-Amtsblatt anwendbar. Diese steht derzeit noch aus. Für neu aufzulegende Fonds sollen die Leitlinien dann unmittelbar gelten, für bereits bestehende Fonds soll eine sechsmonatige Übergangsfrist gelten. Für nicht mehr im Vertrieb befindliche (Alt-)Fonds ist keine Ausnahme hiervon vorgesehen.

Für die Bearbeitung aller neu eingehenden Anträge berücksichtigt die BaFin ab sofort jedoch nur noch die Vorgaben der ESMA-Leitlinien. Dies bedeutet, dass allein das Vorhandensein von Nachhaltigkeitsbegriffen im Fondsnamen eine Prüfung der Anlagebedingungen auf Erfüllung der vorstehenden Anforderungen begründet. Die Frage, ob ein Fonds als „explizit nachhaltig“ vertrieben wird und als „Art. 8“ oder „Art. 9“-Fonds qualifiziert, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle.

Selbst neu aufzulegende „Art. 6“-Fonds müssten demnach die vorstehenden Vorgaben nach ihren Anlagebedingungen einhalten, wenn sie eine der genannten Bezeichnungen im Fondsnamen tragen. Gleiches gilt für neu aufzulegende „Art. 8“- oder „Art. 9“-Fonds. Diese müssen zusätzlich – wie bisher – die ESG-Formular-Anhänge zu ökologischen und/oder sozialen Merkmalen bzw. zu nachhaltigen Investitionszielen als Anhang zum Prospekt enthalten.

Bei Bestandsfonds gelten die vorstehenden Anforderungen erst neun Monate nach der Veröffentlichung der Leitlinien in allen offiziellen EU-Landessprachen auf der Internetseite der ESMA. Liegt eine Bezeichnung im Fondsnamen vor, die unter die ESMA-Leitlinien fällt, muss dann entweder der Name des Fonds geändert werden, oder aber die Anlagebedingungen müssen gemäß den vorstehenden Kriterien angepasst werden. Die BaFin betrachtet eine Anpassung der Anlagebedingungen in der Regel aber weder als eine Änderung der Anlagegrundsätze noch als eine anlegerbenachteiligende Änderung wesentlicher Anlegerrechte i. S. § 163 Abs. 3 und 4 KAGB. Dies gilt insbesondere, wenn die Anlagebedingungen bereits den Anforderungen der bisherigen BaFin-Verwaltungspraxis zu nachhaltigen Investmentvermögen entsprechen. Ebenso gilt dies, wenn die Angaben im vorvertraglichen ESG -Anhang zum Verkaufsprospekt von Fonds, die ihre Nachhaltigkeitsmerkmale nach Artikel 8 oder Artikel 9 der EU-Offenlegungsverordnung offenlegen, bereits Mindestzusagen und Ausschlusskriterien als verbindliche Merkmale der ESG-Strategie enthalten, die mit den Ausschlüssen der ESMA-Leitlinien vergleichbar sind.

4. Fazit

Die ESMA-Leitlinien und deren Anwendung durch die BaFin bringen für Fondsinitiatoren und -verwalter Handlungsbedarf, sofern ESG- oder nachhaltigkeitsbezogene Begriffe im Fondsnamen verwendet werden (sollen). Die gilt sowohl für neu aufzulegende Produkte, als auch für Bestandsfonds. Trotz der einheitlichen und neu eingeführten Schwelle von mindestens 80% des Fondsvermögens, welches entsprechend der namensgebenden Merkmale investiert werden muss, bleiben Auslegungsfragen offen, die in der Praxis erst noch geklärt werden müssen. Sprechen Sie uns bei Fragen hierzu gerne jederzeit an.

Weitere Informationen finden Sie in der Aufnahme unserer Funds Academy Veranstaltung (Februar 2024).

Schlagwörter: BaFin, ESG, ESMA, Green
Frank Müller
Frank Müller berät Kapitalverwaltungsgesellschaften, institutionelle Investoren, Asset Manager sowie deren regulierte und unregulierte Fondsvehikel bei regulatorischen und immobilienrechtlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit der Auflage, Strukturierung und Verwaltung von Fonds und deren Akquisitionen. Er verfügt insbesondere über umfangreiche Erfahrung in folgenden Bereichen: (1) Gründung von Kapitalverwaltungsgesellschaften und deren umfassende regulatorische Be-ratung, einschließlich Abstimmungen mit zuständigen Behörden im In- und Ausland; (2) Auflage von Publikums- und Spezialfonds (Vertragsform und Gesellschaften); (3) Strukturierung von Fonds und Transaktionen für institutionelle Investoren und Asset Manager; (4) Regulatorische und immobilienrechtliche Beratung von Fonds, Fonds-Managern und institutionellen Investoren bei Akquisitionen auf der An- und Verkaufsseite; (5) Immobilienrechtliche und regulatorische Beratung bei Asset-Deals, Share Deals, Unit-Deals und Projektentwicklungen in Deutschland und im Ausland.

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