Wertpapierdienstleistungen
PFOF Verbot
Von Dr. Frederic Peine | Renate Prinz am 22. März, 2024
Veröffentlicht In Bankaufsichtsrecht, Wertpapierdienstleistungen
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht („BaFin“) wird zunächst nicht gegen die Bezahlung von Wertpapierfirmen durch Dritte für die Weiterleitung von Kunden-Aufträgen (sog. Payment for Order flow („PFOF“)) vorgehen.
Mit Mitteilung vom 22. März 2024 hat die BaFin angekündigt, bis zum Abschluss des nationalen Gesetzgebungsverfahrens in Deutschland keine Maßnahmen zu ergreifen oder Sanktionen zu erlassen, sollten Wertpapierfirmen gegen das PFOF-Verbot bei inländischen Kunden verstoßen. Das in der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates („MiFIR“) in der nun geänderten Fassung enthaltene Verbot von PFOF sieht vor, dass im Auftrag von Kleinanlegern und professionellen Kunden handelnde Wertpapierfirmen von Dritten keine Gebühren, Provisionen oder nichtmonetäre Vorteile u.a. für die Ausführung von Aufträgen von diesen Kunden an einem bestimmten Ausführungsplatz nehmen dürfen (Art. 39a Abs. 1 Ua. 1 MiFIR).
Hintergrund dieses Verbots der Gewährung von Rückvergütungen ist, dass die handelnden Wertpapierfirmen anstreben sollen, für die Geschäfte, die sie im Namen ihrer Kunden ausführen, den bestmöglichen Kurs und die höchstmögliche Ausführungswahrscheinlichkeit zu erreichen. Zu diesem Zweck sollen Wertpapierfirmen den Handelsplatz oder die Gegenpartei für die Ausführung der Geschäfte ihrer Kunden ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Erzielung der bestmöglichen Ausführung für ihre Kunden auswählen. Im Falle des Erhalts von Rückvergütungen besteht die Gefahr, dass diesen Interessen des Kunden zumindest nicht vollumfänglich Rechnung getragen wird.
Die EU-Mitgliedsstaaten können von dem PFOF-Verbot jedoch bis zum 30. Juni 2026 abweichen (Art. 39a Abs. 2 MiFIR), wovon Deutschland nach Ankündigung des Bundesministeriums der Finanzen Gebrauch machen wird, sofern es Wertpapieraufträge von in Deutschland ansässigen oder niedergelassenen Kunden betrifft; die entsprechende Ausnahmeregelung soll in § 138a WpHG aufgenommen werden und befindet sich aktuell im Gesetzgebungsverfahren (BT-Drucksache 20/10280).
Gleichwohl haben die beaufsichtigten Wertpapierfirmen das Verbot von PFOF zu beachten; bis zum Inkrafttreten der Neuregelung in § 138a WpHG wird die BaFin etwaige Verstöße jedoch nicht ahnden, sofern die Vorgaben des neuen § 138a WpHG eingehalten werden.
Link zur Aufsichtsmitteilung der BaFin.
BaFin hält Dark Patterns in Trading Apps und Tradingportalen für unzulässig
Von Annabelle Rau am 24. November, 2022
Veröffentlicht In Wertpapierdienstleistungen
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht („BaFin“) hat am 21. November 2022 in einer Mitteilung klargestellt, dass Wertpapierdienstleistungsunternehmen in Trading Apps oder Tradingportalen keine Dark Patterns verwenden dürfen, da diese in digitalen Entscheidungswelten („Choice Architecture“) gegen des Verbot der Irreführung und das Gebot der Redlichkeit verstoßen.
Vor diesem Hintergrund hat die BaFin zudem zwei neue FAQ zu den Wohlverhaltensregeln von Wertpapierdienstleistungsunternehmen veröffentlicht.
Was sind Dark Patterns?
Von Dark Patterns spricht man, wenn in Apps oder auf Webseiten einzelne Schaltflächen im Vergleich zu anderen deutlich kontrastärmer, ausgegraut oder transparent gestaltet werden, für Nutzer also insgesamt schlechter wahrnehmbar sind.
Solche grafische Aufbereitungen (etwa das Ausgrauen oder „Unsichtbarmachen“ einer aktiven Schaltfläche) sind darauf ausgelegt, den Kunden bei einer gleichwertigen Auswahlentscheidung zu einer bestimmten Entscheidung zu verleiten.
Rechtlicher Hintergrund der Entscheidung der BaFin
Trading Apps und Tradingportale bieten typischerweise erlaubnispflichtige Wertpapierdienstleistungen und Wertpapiernebendienstleistungen an. Sie werden daher als Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Sinne des § 2 Abs. 10 Wertpapierhandelsgesetz („WpHG“) von der BaFin beaufsichtigt.
Für Wertpapierdienstleistungsunternehmen gelten die europarechtlich harmonisierten Wohlverhaltensregeln der MiFID II, welche in Deutschland in den §§ 63ff. WpHG umgesetzt wurden:
- Diesen Wohlverhaltensregeln zufolge müssen alle Informationen, die Wertpapierdienstleistungsunternehmen Kunden zugänglich machen, redlich und eindeutig sein und dürfen nicht irreführend sein (§ 63 Abs. 6 WpHG).
- Die Verwendung von Dark Patterns kann nach Auffassung der BaFin jedoch den Kunden verleiten und verschleiere dabei für den Kunden wichtige Punkte.
- In einer Choice Architecture von Wertpapierdienstleistungsunternehmen verstößt die Verwendung von Dark Patterns daher gegen das Verbot der Irreführung und das Gebot der Redlichkeit nach § 63 Abs. 6 WpHG.
- Unredlich und damit unzulässig ist laut BaFin zudem das Fehlen einer wichtigen und relevanten Schaltfläche (etwa zum Abbrechen eines Geschäfts). Da bereits das Verschleiern einer Entscheidungsmöglichkeit durch Dark Patterns unzulässig sei, gelte dies erst recht für das gänzliche Fehlen.
Was bedeutet dies konkret für Wertpapierdienstleistungsunternehmen?
In Folge der Einordnung der BaFin ist es nun beispielsweise unzulässig, die Schaltfläche für den Abschluss eines Wertpapiergeschäfts kontrastreich darzustellen, während die Schaltfläche für den Abbruch im Vergleich dazu schlechter wahrnehmbar ausgestaltet ist.
Ebenso unzulässig ist beispielsweise das Fehlen einer Schaltfläche für eine wichtige, in der Choice Architecture relevante Handlungsoption des Kunden (wie das Abbrechen eines Wertpapiergeschäfts), obwohl gleichzeitig eine andere Schaltfläche für die gleiche Entscheidungssituation (in diesem Fall den Abschluss des Geschäfts) angeboten wird.
Wertpapierdienstleistungsunternehmen sind nun aufgefordert, ihren Online-Auftritt auf solche unzulässigen Ausgestaltungen zu überprüfen. Soweit die BaFin bereits durch eigene Prüfungshandlungen Dark Patterns in Trading Apps identifiziert hat, will sie dies zeitnah gegenüber den betroffenen Unternehmen adressieren.