Ein Jahr nach Inkrafttreten der neuen EU-Verbraucherkreditrichtlinie (Richtlinie 2023/2225) im November 2023: Wann kommt die Umsetzung, was wird geregelt und wie sind die Reaktionen der Wirtschaft? Die EU-Verbraucherkreditrichtlinie bringt bedeutende Änderungen und Erweiterungen im Bereich des Verbraucherschutzes bei Kreditverträgen mit sich. Die Neuregulierung soll den Verbraucherschutz stärken und auf die Herausforderungen der Digitalisierung gerecht werden. Aber bringt sie dem Verbraucher wirklich den gewünschten Mehrwert und Schutz oder verhindert sie durch Überregulierung vielmehr innovative, aber auch bestehende erfolgreiche Geschäftsmodelle – von denen die Verbraucher profitieren.
Wesentliche Inhalte der Richtlinie
Die neue Richtlinie erweitert den Anwendungsbereich für Verbraucherkredite erheblich. Unter der Richtlinie sind auch Kredite unter EUR 200 umfasst, ebenso wie unentgeltliche Kredite oder Leasinggeschäfte. Diese Erweiterung soll sicherstellen, dass auch kleinere und bisher unregulierte Kreditformen unter den Schutz der Richtlinie fallen. Nunmehr ebenfalls umfassenderen Regelungen unterzogen werden Überziehungskredite. Mit der Regulierung auch unentgeltlicher Kredite fällt künftig auch der Kauf auf Rechnung und die beliebten “Buy now, pay later”-Angebote unter die Verbraucherkreditrichtlinie. Die gerade in Deutschland verbreitete Zahlungsmethode wird als zinsloser Kredit angesehen. Allerdings gibt es bestimmte Ausnahmen und Regelungen, die den Kauf auf Rechnung betreffen. Kleine und mittlere Unternehmen können den Kauf auf Rechnung weiterhin anbieten, ohne die Vorgaben der strengeren Regulierung zu berücksichtigen, wenn er gebührenfrei erfolgt, innerhalb von 50 Tagen abgewickelt wird und ohne die Einbindung externer Dienstleister erfolgt. Für größere Händler gelten jedoch die strengeren Regeln.
Ziel ist es, zu verhindern, dass Verbraucher sich überschulden, etwa durch finanzielle Überforderung, hohe Zinsen oder unfaire Vertragsbedingungen, die vor Vertragsabschluss nicht ausreichend bekannt gemacht wurden. Gerade die „Buy now pay later“-Angebote waren Verbraucherschützern ein Dorn im Auge, aufgrund der drohenden “unbemerkten” finanziellen Überforderung der Käufer.
Folgende Maßnahmen und Pflichten gelten unter der neuen Richtlinie, um Verbraucher zu schützen:
- Vorvertragliche Informationspflichten werden verschärft, um Verbraucher künftig noch umfangreicher und einfacher über die maßgeblichen Vertragsbedingungen zu informieren.
- Einführung von Zinsobergrenzen
- Wohlverhaltenspflichten für den Kreditgeber insb. in Bezug auf faire Vertragsbedingungen
- Verpflichtende Prüfung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers, um sicherzustellen, dass der Verbraucher in der Lage ist, den Kredit auch zurückzuzahlen und
- Vorgaben über die Werbung für Verbraucherkredite: Jede Werbung muss einen Hinweis enthalten, dass eine Kreditaufnahme kostenpflichtig ist. Irreführende Werbeaussagen werden verboten.
Die neue Verbraucherkreditrichtlinie der EU, die im November 2023 in Kraft getreten ist, muss von den Mitgliedstaaten innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht umgesetzt werden. Das heißt für Deutschland, wie auch für andere EU-Mitgliedsstaaten, dass die Richtlinie bis November 2025 in nationales Recht umzusetzen ist. Mit einer Anwendbarkeit der Vorschriften ist dann ab November 2026 zu rechnen. Ein Gesetzentwurf für die nationale Implementierung in Deutschland liegt bislang nicht vor.
Reaktionen und Kritik
Das Schutzniveau für Verbraucherkredite wird damit dem für Wohnimmobilienkredite angepasst. Die Vergleichbarkeit hinkt jedoch stark, wenn schon ein Kauf auf Rechnung für EUR 30 unter die verschärften Regelungen fallen kann. Seitens der Verbraucherschützer war genau dies gefordert, da die Belastung bei Verbrauchern oft durch eine Vielzahl kleinerer Käufe zu einer finanziellen Überforderung in der Gesamtsumme führt. Gleichwohl ist der Verwaltungsaufwand allein für die Kreditwürdigkeitsprüfung für Kredite von unter EUR 200 ungleich hoch. Eine Untergrenze wäre hier für die Kreditindustrie wünschenswert gewesen.
Während Verbraucherschützer die neuen Regelungen begrüßen, insbesondere aufgrund ihres großen Anwendungsbereichs und der festen Einführung von Zinsobergrenzen, wird die Richtlinie seitens der Kreditwirtschaft entsprechend stark kritisiert. So blieben erhebliche Interessen und berechtigte Bedenken von Banken wie Händlern weitgehend unbeachtet. Kredit- und Zahlungsinstitute befürchten insbesondere einen erheblichen Mehraufwand und Kosten, vor allem aufgrund der schon bei Kleinstkrediten zwingend erforderlichen Kreditwürdigkeitsprüfung. Aufgrund der sehr unterschiedlichen Zahlungsgewohnheiten und –vorliegen der Verbraucher innerhalb der EU und damit sehr unterschiedlich gerichteten nationalen Interessen bleibt noch abzuwarten, wie unterschiedlich die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht jeweils erfolgen wird, was für EU-weit tätige Akteure zu zusätzlichem Implementierungs- und Verwaltungsaufwand in den einzelnen Mitgliedstaaten führen dürfte.